Es sind nicht viele Reisende, die es nach Komodo verschlägt. Zum einen ist die Anreise nicht ganz einfach. Der Flug von Java nach Flores wurde, jedenfalls 2013, nur von indonesischen Linien angeboten, die allesamt aus Sicherheitsgründen keine Genehmigung für die Europäische Union hatten. Die unmittelbare Konsequenz war, dass es erhebliche Mühen bereitete, die Flüge von Europa aus zu buchen, und ich wollte keinesfalls riskieren, in Surabaya zu stehen und wochenlang auf einen freien Platz in einer der wenigen Maschinen warten zu müssen. Alternativ wäre eine viertägige Anreise mit einem wurmstichigen Holzboot möglich gewesen – sicher abenteuerlich – das ich nicht wegen des Mangels an Komfort, sondern wegen der vielen investierten Tage für Hin-und Rückreise nur als zweitrangige Alternative ansah. Von Flores aus war Komodo per Boot wenigstens an einem Tag zu erreichen.

Zum anderen ist die relative Einsamkeit dieser schwer erreichbaren Insel darin begründet, dass sie nur zwei Attraktionen aufzuweisen hat, die nur die wenigsten Reisenden in ihr Programm aufnehmen: da ist die grandiose Unterwasserwelt, die in Indonesien allerdings auch mit ungleich weniger Aufwand zu finden ist; und da sind die Komodowarane, die es weltweit nur auf Komodo, der Nachbarinsel Rinca, ein paar winzigen Felsbrocken dazwischen sowie mit wenigen Exemplaren im Westen der Insel Flores gibt. Komodowarane sind die größten Landechsen der Erde, werden über drei Meter lang und über 80kg schwer. Während juvenile Tiere sich von Insekten und Nagern ernähren und häufig auf Bäume klettern – auch, um nicht von ihrer eigenen Verwandtschaft verspeist zu werden – sind erwachsene Exemplare durchaus imstande, ihre bevorzugte Beute, Hirsche und Wildschweine, zu überwältigen. Als Reptilien können sie über kurze Distanzen erstaunlich schnell laufen, ihr kräftiger Schwanz ist eine gefährliche Waffe und zusätzlich haben sie Giftzähne. Immer wieder kommt es auch zu menschlichen Todesopfern, vor allem unter der ansässigen Bevölkerung.

Reptilien neigen bekanntlich dazu, faul herumzuliegen. Ich hatte das unverschämte Glück einen großen Waran in rascher, zielgerichteter Bewegung zu sehen. Und dabei erlebte ich zum ersten Mal selbst, was James Gray, ein Naturfilmer der BBC, in seinem grandiosen Buch „Abenteuer in der Wildnis“ als „Camera Courage“ beschrieben hat. Kaum lag ich, der besseren Perspektive wegen, viele Meter vor dem Waran flach auf dem Boden, da nahm ich das Tier durch den Sucher nicht mehr als reales Lebewesen wahr. Ich war vertieft in die Einstellungen meiner Kamera, bis mich einer der Ranger des Nationalparks recht unsanft in die Wirklichkeit zurückholte. Diese bestand darin, dass die Echse mit durchaus beachtlicher Geschwindigkeit und züngelnd direkt auf mich zumarschierte, nur noch wenige Meter entfernt, und sichtlich nicht gewillt meinetwegen Richtung oder Tempo zu ändern. Ich war jung und fit und rasch auf den Beinen, während der Ranger den Waran mit einer langen Holzstange auf Distanz zu halten suchte. Es passierte zum Glück gar nichts, außer dass ich den Rückweg durch das dichte Gestrüpp – das im Übrigen unzählige andere giftige Arten beherbergte – mit einigem Respekt antrat.