Madagaskar ist anders. Anders als das ganze übrige Afrika. Mitunter bin ich mir gar nicht so sicher, ob ich überhaupt in Afrika unterwegs bin. Diese Insel vor der ostafrikanischen Küste, mit 587.000 Quadratkilometern die viertgrößte der Welt, ist tatsächlich auch schon seit 150 Millionen Jahren vom afrikanischen Kontinent und seit 90 Millionen Jahren vom indischen Subkontinent getrennt. Weite Landstriche sind dominiert von Reisfeldern, die an Indonesien erinnern. Die Menschen, die Kultur, die Landwirtschaft, das Essen, alles ist unübersehbar geprägt von gleichermaßen afrikanischen und asiatischen Einflüssen, von einem Schuss Arabien und einer Messerspitze Frankreich als Reminiszenz an die Kolonialzeit. Solche Mischungen versprechen eine interessante und erfrischend andere Welt. 18 Stämme sind offiziell anerkannt, und sie sind so verschieden wie Madagaskars unterschiedliche Regionen.

Madagascar, often referred to as the „eighth continent“, is a stunning mixture of Africa, Asia and a tiny bit of Arabia. Through continental drift Madagaskar was seperated from Africa 150 million years ago, and from India 90 million years ago. The island is huge and has its very different regions, as well as 18 tribes officially recognized.

Das Land ist bettelarm, ein Großteil der Bevölkerung lebt in einfachsten Verhältnissen, die Infrastruktur ist selbst für afrikanische Verhältnisse miserabel und das Reisen somit anstrengend. Auch auf den Hauptverkehrswegen sind wegen der katastrophalen Verhältnisse geländegängige Fahrzeuge dringend angeraten. Von „Schlaglöchern“ zu sprechen wäre ein geradezu lächerlicher Euphemismus, vielmehr ist die Piste von zahllosen Kratern durchsetzt und fehlt oft völlig, fortgeschwemmte oder eingestürzte Brückenkonstruktionen liegen im Fluss, wenig vertrauenerweckende Behelfskonstruktionen sind auf Umwegen zu erreichen. Für weitere Strecken sind Inlandsflüge unumgänglich, viele Regionen des Landes sind überhaupt nur auf dem Luftweg zu erreichen, vor allem in der Regenzeit.

Madagascar is a poor country, and the lack of infrastructure makes travelling difficult. Even the main roads are in catastrophic conditions, and some regions can only be reached by air transport.

Trotzdem, und diese Erfahrung habe ich in vielen Ländern gemacht – auch wenn die Menschen arm sind und es dem Land an praktisch allem mangelt, auch wenn medizinische Versorgung in ländlichen Regionen kaum existiert und die Lebenserwartung kurz ist, auch wenn man über Politik und Verwaltung vieles erzählen könnte – ich treffe bei meiner Reise auf keinen einzigen unfreundlichen Einheimischen.

In spite of poverty, people are friendly and there are smiles everywhere.

Die über viele Millionen Jahre isolierte Lage hat aber nicht nur die Menschen in Madagaskar geprägt, in viel größerem Ausmaß trifft das auch auf die Flora und Fauna der Insel zu. Es gibt hier keine Löwen und Leoparden, keine Elefanten und Büffel, keine riesigen Antilopenherden wie in weiten Teilen Afrikas. Statt dessen hat sich die Tierwelt in -zig Millionen Jahren eigenständiger Evolution praktisch unbeeinflusst von der Außenwelt entwickelt, und im Ergebnis hat das Land eine reiche und vielgestaltige Fauna, völlig anders als in der restlichen Welt.

In millions of years of isolation, evolution went its own ways. The ecosystems are unique in Madagaskar, which above all makes it a rewarding destination.

Die allermeisten Tierarten sind endemisch, kommen also nur auf Madagaskar vor – das betrifft vor allem die vielen Lemurenarten, aber auch die Fossa und einen Großteil der Chamäleons, um nur einige der ikonischen Arten zu nennen. Allerdings sind diese Arten auch stark bedroht, viele wurden bereits ausgerottet und andere steuern auf dieses Schicksal zu, denn Lebensräume werden in großem Stil vernichtet. Madagaskar könnte beispielhaft dafür werden, wie verantwortungsvoller Tourismus Nationalparks finanziert und damit zum Artenschutz beiträgt. Und somit auch ein Beispiel dafür, dass die in Zeiten der Klimakrise hoch umstrittenen Flugreisen durchaus auch eine positive Seite haben könnten.

Lemurs, the fossa and most chameleons are endemic in Madagascar, and massively threatened by loss of habitat.

Ein Fossa zu sehen ist eine Glückssache, es zu fotografieren eine echte Herausforderung. Die in Madagaskar endemischen, katzenartigen Raubtiere sind die größten der Insel, sie ernähren sich von kleinen Säugern, Vögeln und Reptilien. Im Dickicht des Trockenwaldes an der madegassischen Westküste ist es ein gutes Stück Arbeit, die Tiere aufzuspüren und -bevorzugt im Dämmerlicht- brauchbare Bilder zu schießen.

Finding a fossa is a matter of luck, photographing it is a challenge.

Lemuren hingegen sind – je nach Art – recht leicht oder durchaus schwierig aufzuspüren, wobei die Fotografie im Wald, bei komplexen Licht-Schatten-Effekten und den oft schnellen Bewegungen der Tiere, mitunter recht schwierig sein kann.

Some lemurs can be found quite easily, others really need to be searched for. Photography is not always easy due to complex light/shade conditions in the forests.

Etliche Arten sind nachtaktiv, und so gibt es manchmal wenig Schlaf, weil es nach einem Nachtausflug dann in schon vor der Morgendämmerung wieder in den Wald geht, um sowohl das beste Licht als auch die aktivste Zeit der Tiere nicht zu verpassen.

Nature photography in Madagascar means early mornings and late nights.

Eine Besonderheit sind die tanzenden Sifakas, ganz im Süden Madagaskars im Berenty-Nationalpark, die dort ihren Lebensraum mit den Kattas teilen.. Anders als andere Lemuren überwinden diese Tiere weitere baumlose Strecken nicht auf vier, sondern auf zwei Beinen, und ihre hüpfende Fortbewegung erinnert tatsächlich an einen Tanz.

Sifakas in the south of Madagaskar cover distances without trees juming on two legs. They are known as the „Dancing Sifakas“

Madagaskar hat mich beeindruckt, auf eine ganz eigene Weise. Und es sind unzählige Erinnerungen, Bilder und Geräusche, die im Gedächtnis haften bleiben. Ich hoffe inständig, dass die Naturparadiese dieser einzigartigen Welt erhalten bleiben.

Madagaskar is both a rewarding destination for photographers and well worth the efforts of conservationists.